Wunderschöner Eibsee und schimpfender Großbauer - www.dogxaid.org

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Wunderschöner Eibsee und schimpfender Großbauer

 

Eines der Ziele von Dogxaid ist die Organisation von Freizeitaktivitäten für Menschen mit und ohne Behinderungen in Begleitung ihrer „Partner auf vier Pfoten“. Das Leitmotiv des Vereins „Gemeinsam helfen macht stark!“ hat sich dafür bestens bewährt.
So auch in der Zeit vom 03. bis 06.06.2010, wo sich zehn Menschen (davon drei nichtsehend, einer gehbehindert) und sieben Retriever (drei aktive Führhunde, ein Führhund im Ruhestand und drei Familienhunde) zusammenfanden, um die Gegend rund um das Oberbayerische Grainau mit allen Sinnen zu entdecken. Dabei handelte es sich wiederum um eine Gemeinschaftsaktion des Vereins Dogxaid mit der Mailingliste „Alles-Retriever“.

 

Silvia hat schon Monate im Voraus nach geeigneten Unterkünften Ausschau gehalten.
Die Mehrheit entschied sich letztlich – auch aufgrund der viel versprechenden Internetseite des Hauses - für das GARNI-Hotel „Grainauer Hof“ in Grainau, unweit von Garmisch-Partenkirchen gelegen:

http://www.grainauer-hof.de

 

Ob das Quartier das hält, was es verspricht? …

Leider können Jac und Schleck dieses Mal nicht dabei sein. Auch Frank und Gisela mit Führhündin Indra müssen kurzfristig absagen. Schade!

 

Seit Tagen ist es kalt und regnerisch. Mal mehr, mal weniger. Alles grau in grau.
Als meine Führhündin Ella (schwarzer Labrador Retriever) und ich am 03.06.2010 kurz nach 07:00 Uhr Leipzig hinter uns lassen, hat der Himmel seine Schleusen erneut geöffnet.
… Uns wird doch nicht schon wieder ein vollkommen nasses Wanderwochenende bevorstehen? Egal, auch das kann uns nicht mehr erschüttern. Im letzten Oktober haben wir das in Tambach-Dietharz schon geübt und mit Humor und ohne Abstriche gemeistert.
Doch wir sind grundsätzlich optimistisch. Schließlich haben die Wetterfrösche angenehme Temperaturen und Sonnenschein angekündigt. Aber ist auf die ohne Herrn Kachelmann überhaupt noch Verlass? Abwarten...

 

Zufälle? Ja, die gibt es wirklich! Wegen Schienenersatzverkehr Richtung Garmisch-Partenkirchen haben sich Saschas Eltern bereit erklärt, ihn und seinen Führhund Bruno (gelber Labrador Retriever) mit dem Auto nach Grainau zu bringen. Freundlicherweise „sammeln“ sie Ella und mich am Münchener Hauptbahnhof auf. Nochmals danke dafür!
Wir haben knapp die Hälfte der Autobahnstrecke hinter uns – natürlich noch immer bei Regen –, da meldet sich unsere Niederbayerische Fahrgemeinschaft (Alex mit Mowgli, schwarzer Labrador Retriever; Gerlinde mit Führhundruheständler Tiger, gelber Labrador Retriever; Paul mit Führhund Murphy, gelber Labrador Retriever; Tom mit Gary, schwarzer Labrador Retriever). Es stellt sich heraus, dass sie uns schon eine Weile direkt „verfolgen“. Gerlinde hat uns an Ellchens orangenem Halsband „identifiziert“.


Ca. 13:30 Uhr erreichen wir Grainau. Es … ... Nein, es regnet nicht mehr!
Wir verabschieden Saschas Eltern und gehen mit allen sechs Hunden eine reichliche Stunde spazieren. Endlich Freilauf genießend, steuert mein Ellchen ohne lange Umwege das erstbeste Wasserloch an.

 

Tom wartet derweil am Hotel und nimmt Enzo, Adrian und Silvia mit Pablo (Golden Retriever) aus der Schweiz in Empfang.

Karen aus Lübeck hat mal wieder Pech mit der Anreise nach Bayern. War es vor drei Jahren (Klais) der Bahnstreik, der ihr die Zeit mit uns arg verkürzte, weil sie in München erst am nächsten Tag weiter kam, waren es heute unterspülte Bahngleise rund um Garmisch-Partenkirchen und dadurch Schienenersatzverkehr auf dem letzten Teilstück ihrer Fahrt.
Nach 17:00 Uhr sind wir vollzählig.

 

Im „Grainauer Hof“ sind viele Hunde zu Gast. Es wird großflächig Werbung für im Haus stattfindende Kurse einer örtlichen Hundeschule betrieben. Ob die Angestellten des Hotels davon etwas mitbekommen? Vermutlich nicht, denn sonst hätte keiner der Mitarbeiter einem unserer Führhunde ungefragt Leckerchen zugesteckt und es mit den Worten „Der ist nicht im Geschirr, der darf das doch“ abgetan.

 

Im Hof des Hotels gibt es verschiedene Sitzecken (direkt vor dem Haus und im Grünen).
Auch können die Hunde im Ernstfall auf dem Gelände dringende Geschäfte erledigen. Größere Grünflächen befinden sich in unmittelbarer Nähe leider nicht. Man muss schon reichliche 20 Minuten Fußweg/Strecke einplanen, um für die Hunde halbwegs ungestörte Freilauf bzw. Lösemöglichkeiten zu finden. Entweder gerät man, wie wir am Freitagabend, an wütend schimpfende Großbauern, die Angst um ihre Kälber haben, wenn die Muttertiere die Hinterlassenschaften der Hunde fressen würden oder muss an einer befahrenen Straße entlang laufen. Unter hundefreundlich stellt man sich etwas anderes vor... Oder sind wir in Tambach-Dietharz zu sehr verwöhnt worden?

 

Die Zimmer des Hotels machen einen sauberen Eindruck und sind von der Größe her in Ordnung. Nur das Bad/WC ist winzig klein.

 

Der Kunde ist König – hier offensichtlich eher nicht. Was den gastronomischen Service betrifft, zeigen sich mehrere Schwachstellen. Wir beschließen dennoch, den ersten Abend in unserer „Herberge“ zu bleiben.

Nach dem Essen stellt Silvia mit einem Quiz unser Allgemeinwissen auf die Probe.

 

Der letzte Rundgang mit den Hunden im Hof des Hotels hat einen bitteren Beigeschmack und bringt so manchen um den kostbaren Schlaf: Unser Mowgli ist kurzzeitig, leider nicht zum ersten Mal innerhalb der letzten Tage, einfach so umgekippt.

Freitagfrüh werfen wir unseren ursprünglichen Wanderplan kurzerhand über den Haufen. Gerlinde und Alex haben verständlicherweise keine Ruhe und fahren nach dem Frühstück mit Mowgli (und dem Tiger) als Notfall zur vorsorglichen Abklärung in die Tierklinik München.


Tom, der noch keinen Rolli hat und für den die Wanderungen ansonsten zu anstrengend werden würden, vertreibt sich die Zeit im Hotel. Er überlässt uns seinen Gary, der – wie wir schon im letzten Jahr bemerkt haben – ganz unkompliziert und ohne Probleme hervorragend mit uns mitgeht. Klar, wenn man so viele fellige Freunde um sich hat…
Der Rest des Rudels bricht bei Sonnenschein halb elf zum Eibsee auf. Allerdings mit dem Bus (die Haltestelle ist direkt neben der Einfahrt des „Grainauer Hof“). Dass wir erst einmal in die falsche Richtung fahren, fällt niemandem auf. Auch der Busfahrer macht uns nicht darauf aufmerksam. Der hält lieber zwischendurch kurz beim Metzger an und holt sich sein Frühstück ab. ... In Bayern ticken die Uhren eben anders. ;-)


Etwas Positives hat das Ganze aber zumindest für unsere Sehenden: Durch den Umweg kommen sie in den Genuss einer kleinen, kostenlosen Stadtrundfahrt in Garmisch-Partenkirchen.

 

Um zwölf – eine Stunde später als gedacht – erreichen wir unser anvisiertes Ziel.
Wir wandern auf einem 7,5 Kilometer langen Rundweg um den Eibsee.

 

Wandertruppe auf dem Weg rund um den See

 

Bild 1: Wandermannschaft auf dem schattigen Weg um den Eibsee 


Am Anfang und Ende der Strecke begegnen uns viele Fußgänger. Zwischendurch treffen wir verstärkt Radfahrer. Trotzdem ist es ein wunderschöner Rundgang. Es ist weitestgehend schattig und geht gemächlich bergauf und –ab. Auch können wir eine der zahlreichen Bergbahnen sehen bzw. hören, die schließlich in den noch weißen Alpengipfeln mit Endziel Zugspitze verschwindet. Zwischendurch bietet sich immer wieder Gelegenheit, einen Blick auf den wunderschönen, glasklaren Eibsee zu werfen. Dieser hat stellenweise karibikblaues Wasser – eine Besonderheit dieses Bergsees.

 

Eibsee Panorama mit Insel

 

Bild 2: Eibsee Panorama mit Insel 

 

Bruno, Gary, Murphy, Pablo und Ella beeindrucken diese Schönheiten der Natur kein bisschen. Sie finden es weitaus spannender, den Picknickplatz anderer Wanderer unter die Nase zu nehmen oder Sonnenhungrigen einen überraschenden Besuch abzustatten – natürlich tropfnass, versteht sich von selbst für echte Wasserhunde! ;-) Sie können viel Freilauf genießen, sich in Schlammlöchern suhlen (Pablo), im See baden, ausgelassen miteinander spielen und toben. Sie haben – wie wir – ihren Spaß und den haben sie sich verdient!

 

Ella, Gary und Bruno toben nebeneinander

 

Bild 3: Ella, Gary und Bruno toben nebeneinander her

 

Es ist Nachmittag, als wir mit dem Bus zum „Grainauer Hof“ zurückkommen.
Das Rudel ist wieder komplett beisammen. Es wird sich über die Erlebnisse des Tages ausgetauscht. Gerlinde und Alex haben leider kaum neue Erkenntnisse für Mowglis plötzliches Umfallen aus München mitgebracht.

 

Wandermannschaft beim Kaffee im Garten

 

Bild 4: Wanderer tauschen Erlebnisse aus


Die anwesenden Dogxies treffen sich anschließend zur Jahreshauptversammlung.

 

Für das Abendessen haben wir im Colombo-Hotel „Quellenhof“

http://www.quellenhof-grainau.de/

Plätze reservieren lassen. Wir bekommen sogar einen separaten Raum. Und auch die Tatsache, dass wir mehrere Hunde dabei haben, stellt für das freundliche Personal überhaupt kein Problem dar. Das Essen schmeckt vorzüglich und wir kündigen uns für den nächsten Abend wieder an…


Am Samstag erschließt sich schon am Morgen ein recht klarer Blick auf die Berge. Das Wetter wird warm und sonnig.
Wir haben vor, auf einem Höhenwanderweg zu einem nahegelegenen See zu laufen, natürlich mit kleinen Erholungspausen zwischendurch. Heute sind Gerlinde und Alex mit Tiger und Mowgli auch dabei.


Nach dem Frühstück brechen wir mit reichlich Wasser im Gepäck auf.
Zunächst ist ein etwas steiler Anstieg zu bewältigen, danach geht es auf ebenen Wegen durch Wald, Wiesen und Felder. Rechts und links befinden sich kleinere und größere Wasserlöcher oder Tümpel, die von den Hunden zur Abkühlung dankbar genutzt werden.

 

Bruno, Murphy und Ella laufen in den See

 

Bild 5: Bruno, Murphy und Ella steigen nacheinander ins kühle Nass


Je weiter wir laufen, desto mehr können wir die zahlreichen Glocken der Kuhherden vernehmen. Auch das laute Brummen der Weidezäune bleibt unseren Ohren nicht verborgen. In dieser Gegend werden die Hunde sicherheitshalber angeleint.
Die Zeit zwingt uns zum Umkehren. Da Tom und Gary am Nachmittag wieder abreisen und nach Garmisch-Partenkirchen zum Bahnhof gebracht werden müssen, schaffen wir es doch nicht bis zum See. Das tut der Stimmung aber keinerlei Abbruch.


Bei einer der Pausen (schon auf dem Rückweg) haben wir uns ein schattiges Plätzchen an einer Brücke gesucht. Derweil planschen die Hunde im Sonnenschein mit Wonne durch das sprudelnde Wasser.
… Eine tolle Wanderung mit jeder Menge Spaß für alle!

 

Bruno rettet einen dicken Ast

 

Bild 6: Bruno rettet einen armdicken Ast aus dem Wasser

 

Karen und ich wollen eigentlich noch einen Extra-Ausflug – eine Fahrt mit der Zugspitzbahn – machen. Doch das schaffen wir zeitlich nicht mehr, denn der Fahrplan endet 16:30 Uhr. Schade… Aber Grund genug, irgendwann mal wieder in der Region ein paar Tage zu entspannen.

 

Als wir, durch die Hitze ziemlich durstig, gegen 14:30 Uhr im „Grainauer Hof“ sind, kommt man unserem Verlangen nach erfrischenden Getränken und einer Kanne Kaffee nicht nach. Mürrisch werden wir auf 16:00 Uhr, die Öffnungszeit der Bar, verwiesen.

 

Also brechen wir wieder auf und steuern den „Quellenhof“ an. Dieser hat zwar auch erst ab 16:00 Uhr geöffnet, doch wir werden nicht abgewiesen. Wir bekommen einen großzügigen Schattenplatz im Außenbereich des Hotels, werden mit kühlen Getränken und Kaffee freundlichst bedient. Für die Hunde wird frisches Wasser bereit gestellt. Und das Ganze eine Stunde vor der offiziellen Öffnungszeit. Hier ist man willkommen!


Wie schon angedeutet, lassen wir auch diesen Tag beim Abendessen dort lustig, locker und fröhlich ausklingen.

Am Sonntag packt uns der „Stalltrieb“ früher als geplant. Es soll heiß werden heute.
Da schaut man, dass man nicht gerade in der Mittagsglut unterwegs ist. Auch verzichten wir auf einen letzten gemeinsamen Spaziergang.

 

Die Verabschiedung ist herzlich und wir freuen uns schon jetzt auf die nächsten Unternehmungen.

Adrian, der zum ersten Mal mit Nichtsehenden unterwegs ist, von seiner Mutter aber schon viel über das unkomplizierte Miteinander gehört hat, hält sich zunächst mit direkten Fragen an die Betroffenen zurück. Doch ihm werden die Berührungsängste schnell genommen und er taut spürbar auf. Zudem kümmert er sich während Toms Abwesenheit bei den Wanderungen rührend um Gary, möchte ihn am liebsten „adoptieren“.

 

Adi hat Blut geleckt und wird die Dogxies in Zukunft gern wieder begleiten, dann auf jeden Fall ganz unverkrampft! 

 

Adi mit den Hunden an einem Wasserlauf  

 

Bild 7: Adi mit den Hunden an einem flachen Wasserlauf

 

 

© Dogxaid e.V.
Text Peggy Jacob, Fotos Enzo Beffa

 



Autor: root -- 26.11.2010 11:54:03


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