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Mein erstes Jahr und 9 Monate mit meinem Blindenführhund Paul
Über eine Ausschreibung für ein Führhundseminar des Vereins Dogxaid e.V. beim Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund kam ich zu dem Entschluss, mir einen Blindenführhund zuzutrauen. Sehr viele Informationen und Entscheidungshilfen wurden mir und meiner Familie auf dem Wochenende des Vereins gegeben. Auch das erste Gehen mit einem Führhund hat mich sehr berührt. Wir lernten auch unsere Blindenführhundausbilderin dort kennen. Die sehr professionelle Arbeit des Vereins hat mich überzeugt und das, wo doch in der Ausschreibung stand, dass man auch teilnehmen kann, wenn man sich gegen einen Hund entscheidet…..
Bild 1: Kathi und Paul lernen sich kennen
Mein erstes Jahr und 9 Monate mit meinem Blindenführhund Paul
Seit Juni 2016 habe ich einen Begleiter, einen Verfolger, eine gute Seele, einen Schatten, ein Kuscheltier, ein „Hilfsmittel“, einen Helfer in jeder Lebenslage, einen „An-die-frische-Luft-Bringer“, einen Wegweiser, einen Treppenanzeiger, einen Sicherheitsbeauftragten. Mein Blindenführhund Paul!!! So ein Segen!
Wir sind im ganzen Dorf und manchmal gefühlt im ganzen Altlandkreis so bekannt wie ein bunter Hund, dabei ist Paul doch schwarz…. Überall werden wir begrüßt, nein, das stimmt so nicht ganz. Meistens ist der erste Ruf:“ Ach, der Paul!“. Sehr nett, manchmal werde dann sogar ich noch begrüßt, aber meist kennt man nur den Namen vom Hund, der Mensch, der da mit dran hängt, dient meist nur zum Plaudern über die Befindlichkeiten des treuen Begleiters.
Nun im Ernst. Ich bin nicht mehr allein unterwegs. Vor allem im Winter ging ich ohne Paul manchmal tageweise nicht vor die Tür, denn es wurde so früh dunkel, der Schnee lag hoch, der Langstock will dann nicht so wie ich will und überwinden muss sich ja jeder, wenn es nicht gerade sonnig, hell und warm draußen ist. Das hat sich nun mit Paul natürlich grundlegend geändert. Jeden Tag sind wir mindestens 3 Stunden draußen unterwegs, nicht nur um in die Geschäfte und in die Bücherei zu kommen, sondern natürlich auch in den Freilauf. In der Bücherei hat Paul seinen festen Platz und die Kunden merken manchmal erst beim dritten oder vierten Besuch, dass da ja ein Hund liegt. Sicher führt mich Paul durchs Dorf, wobei wir keine eingeschliffenen Wege haben, sondern diese immer variieren, weil ich das so wollte, da ich auch ab und an in anderen Orten unterwegs bin. Immer wieder werden die Dinge wiederholt, die Paul kann: Aufzug fahren im Rathaus, Türen finden an Bus und Bahn, Treppen und Bordsteine anzeigen, Türen und Sitzgelegenheiten suchen und finden, um Pfützen herum führen, im Freilauf mit anderen Hunden spielen und doch freudig wieder zu mir kommen.
Das erste Jahr war echt sehr anstrengend, denn immer wieder muss man überlegen, wie die Kommandos im Führgeschirr, im Freilauf und an der Leine sind. Und alle Familienmitglieder, wir sind sechs, sollen die gleichen Kommandos beherrschen und umsetzen. Auch hatten wir noch nie einen Hund, so dass wir wirklich alles neu lernen mussten. Manchmal ist es für Paul nicht einfach, sich zu entscheiden, wenn sich die Familie trennt, wenn unsere jüngste Tochter in die eine Richtung geht und ich mit Paul in die andere muss. Aber auch das ist inzwischen kein Problem mehr.
Immer wieder hatte und habe ich Kontakt zu der Führhundschule in Gröbenzell. Alle Fragen werden beantwortet und stets der Kontakt gehalten. Die Ausbilderin war eine gute Begleiterin in der Einschulung. Hier ist wohl das A und O, dass man sich gut versteht, da man ja während der dreiwöchigen Einschulung viele Stunden miteinander verbringt. Die Ausbilderin sagte auch, dass das erste Jahr wirklich nicht einfach ist, bis sich alle aneinander gewöhnt haben und alle wissen, wie sie miteinander umgehen sollen. Auch die speziellen Situationen im Urlaub wollen gemeistert werden, denn die andere Umgebung, die Unsicherheit im Umgang und der geänderte Tagesablauf stellen doch auch wieder Herausforderungen im ersten Jahr dar. Auch die Unterbringung des Hundes, wenn meine Familie und ich unseren Paul mal nicht mitnehmen können, ist gut zu überlegen. Jedoch haben wir eine optimale Lösung bei befreundeten Tierärzten gefunden, besser geht es nicht!
Bild 3: Kathi und Paul am Fahrkartenautomaten
Mein Leben mit Paul ist eine echte Bereicherung. Ich bin viel unabhängiger von anderen Menschen unterwegs und habe viele Kontakte mit anderen Hundebesitzern. Sicher führt mich Paul an die Orte, an die ich möchte, im Kino, in der Kirche, im Konzert, bei der Arbeit mit der Kindergruppe legt er sich ab und wartet, bis er wieder führen muss bzw. darf. Denn Paul ist ein Hund, der freudig führt und gern Neues lernt. Freunde behaupten, dass er einen völlig anderen Gesichtsausdruck bekommt, wenn er ins Führgeschirr schlüpft. Dann trägt er einen großen Teil der Verantwortung, dass ich sicher von A nach B komme.
Ich kann mir ein Leben ohne Paul nicht mehr vorstellen.
Es ist so toll, dass mir diese Möglichkeit von den versorgenden Stellen in unserem Land gewährt wird.
Bild 4: Kathi und Paul während der wohlverdienten Trinkpause
(c) Text: Kathi Schöner & Paul
(c) Bilder: Miriam Kayser
Autor: root -- 28.01.2019 16:39:05
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